Polnische Bevölkerungsverluste während des Zweiten Weltkrieges

 

Von Dr.-Ing. Otward Müller

 

»Versagt haben die Akademiker«, Karl Müller, 1945

 

Folgende Behauptungen werden von polnischen Persönlichkeiten immer wieder aufgestellt: »Sechs Millionen Polen verloren ihre Leben während des Zweiten Weltkriegs, ein Fünftel der ganzen Bevölkerung«; oder »Drei Millionen christliche Polen ... wurden Opfer des Naziterrors.« Dieses Beitrag weist nach, daß derartige Äußerungen unvereinbar sind mit den leicht zugänglichen Bevölkerungsstatistiken des Vor- und des Nachkriegspolen. Die Schlußfolgerung lautet daher, daß diese vorgenannten polnischen Verlustziffern äußerst übertrieben sind.


1. Einführung

Im Juni 1983 besuchte Papst Johannes Paul II. Polen zum zweiten Mal. Die US-Presse berichtete anläßlich dieses Ereignisses folgendes aus der Stadt Tschenstochau:[1]

»Der Papst befand sich in einer ernsten Stimmung und schien den Tränen nah zu sein, als er an die polnischen Verluste von 6 Millionen Menschen im Zweiten Weltkrieg erinnerte.«

In seinem Artikel des Titels »Polands Enduring Faith« (Polens fortdauernder Glaube) schrieb James Reston:[2]

»Der Papst setzte sich für die Freiheit und Unabhängigkeit Polens ein. Nie erwähnte er die Sowjetunion, aber er führte aus, Polen habe für seine Freiheit und Unabhängigkeit mit sechs Millionen seiner Bürger bezahlt, die ihr Leben an den verschiedenen Kriegsfronten, in Gefängnissen und Konzentrationslagern geopfert haben.«

Ähnliche Feststellungen hat der Papst bereits bei anderen Anlässen getroffen. Die katholische Wochenzeitung The Wanderer veröffentlichte am 24.9.1981 einen Beitrag mit dem Titel »Pope says price of Poland's liberty was six million dead.« Dieser RNS-Bericht aus dem Castel Gandolfo beginnt mit folgendem Satz:

»In anscheinend gegen die Sowjetunion gerichteten Bemerkungen sagte Papst Johannes Paul II., daß Polen den Preis für seine Unabhängigkeit mit dem Blut von sechs Millionen Polen bezahlt habe, die im Zweiten Weltkrieg gestorben seien.«

Während seines ersten Besuches in seinem Heimatland im Jahr 1979 besuchte der Papst auch Auschwitz. Die Wochenzeitung National Catholic Register veröffentlichte am 24.6.1979 den offiziellen englischen Text der Predigt, die der Papst während einer Messe in Birkenau hielt. Nach diesem Text machte er folgende Ausführungen:

»Besonders möchte ich mit Ihnen, liebe Teilnehmer an dieser Zusammenkunft, vor der Inschrift in Hebräisch verweilen. Diese Inschrift erweckt in uns die Erinnerung an jene Menschen, deren Söhne und Töchter für die Massenvernichtung vorgesehen waren. [...] Es ist niemandem erlaubt, ungerührt an dieser Inschrift vorüberzugehen. Und schließlich die letzte Inschrift, die ist auf Polnisch. Sechs Millionen Polen verloren ihr Leben während des Zweiten Weltkriegs, ein Fünftel der ganzen Bevölkerung.«

Die letzte Feststellung setzt deutlich voraus, daß zusätzlich zu den Verlusten der polnischen Juden sechs Millionen christliche Polen starben. Zumindest in das der Eindruck, den der Leser, dem die Komplexität der Bevölkerungsstatistik im Vorkriegs-Osteuropa nicht vertraut ist, durch diese Aussage des Papstes gewinnen muß.

Natürlich teilt uns der polnische Pontifex hier nichts Neues mit. Er wiederholt nur auf sehr wirksame Weise, was die kommunistische Regierung in Warschau seit Ende des Zweiten Weltkrieges behauptet hat. Sogar kritische Historiker wie der Brite A.J.P. Taylor scheinen diese Zahlen zu glauben, In seinem Buch The Origins of the Second World War schreibt er:[3]

»Sechseinhalb Millionen Polen wurden getötet«

Deutsche Nachkriegspolitiker haben nie gezögert, derartige Zahlen als "historische Fakten" zu akzeptieren, ohne sich auch nur dem Ärger auszusetzen, jemanden zu bitten, derartige Anklagen zu beweisen. So führte beispielsweise Bundespräsident Gustav Heinemann anläßlich des 30. Jahrestages des Ausbruches des Zweiten Weltkrieges aus:[4]

»Allein Polen hatte einen Blutzoll von sechs Millionen. [...] Diese Todesziffern schließen [...] sechs Millionen Polen ein.«

Sogar Enzyklopädien zitieren diese Zahl.

Auch heute noch werden diese Zahlen verbreitet, zum Beispiel in der Kirchenzeitschrift St. Anthony Messenger vom Dezember 1998. Sie sind schon zum angeblichen "Allgemeinwissen" geworden.[5]

Der Autor dieses Beitrages ist der Überzeugung, daß es höchste Zeit ist, diese Verlustziffern auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen. Dies ist allein schon deshalb nötig, weil professionelle Historiker, insbesondere in Deutschland, dieses unangenehme Thema nicht aufgreifen. Dieser Artikel stellt daher die die Frage:

Starben wirklich sechs Millionen Polen im Zweiten Weltkrieg?

 

2. Definition des Begriffs "Pole"

Zunächst muß der Begriff "Pole" definiert werden. Wer ist ein "Pole"?

Sollte beispielsweise ein polnischer Jude, der nach dem Krieg in Israel lebte wie etwa der spätere Ministerpräsident Menachem Begin, als "Pole" gezählt werden, der von den "Nazis" ermordet wurde? Er war ja schließlich nach dem Krieg nicht mehr in Polen. Oder soll ein aus Breslau, Danzig, Königsberg, Stettin oder Oppeln stammender deutscher Soldat, der während des Krieges als Angehöriger der Wehrmacht umkam, nun als "Pole" gezählt werden, der von den "Nazis" vernichtet wurde, nur weil Polen diese Städte nach dem Krieg annektierte? Was ist mit einem Ukrainer, der nach den polnischen Raubzügen gegen Rußland kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges kurzerhand zum polnischen Staatsbürger erklärt wurde, im Oktober 1939 aber die sowjetische Staatsangehörigkeit erhielt? Ist er ein toter "Pole"? Diese wenigen Fragen machen deutlich, daß das hier zu behandelnde Problem ziemlich kompliziert ist. Eine erschöpfende Untersuchung würde ein recht dickes Buch füllen. Um unser Thema zu vereinfachen, wird der Begriff "Pole" für diese relativ kurze Untersuchung als eine Person definiert, die "polnischer Nationalität" im Sinne von Volkszugehörigkeit ist. Mit anderen Worten: Diese Studie versucht des Schicksal der ethnischen, christlichen Polen zu erfassen.

Die in der Einleitung zitierten Äußerungen sind eindeutig derart formuliert, daß der durchschnittliche Zeitungsleser glauben würde, die Sechs-Millionen-Verlustziffer beziehe sich auf ethnische "christliche" Polen. Andererseits gilt es aber zu berücksichtigen, daß es in der polnischen Propaganda ein Tendenz gibt, beispielsweise die Verluste der polnischen Juden ebenfalls als "polnische" Verluste zu reklamieren. So kann man in einer von der polnischen Botschaft in Washington, D.C., verbreiteten offiziellen Geschichte Polens lesen, daß Polen während des Krieges schwere Verluste hinzunehmen hatte, »einschließlich der totalen Zerstörung von Städten wie Gdansk, Szczecin und Wroclaw«. Die Zerstörung der deutschen Städte Danzig, Stettin und Breslau wird hier also von den Polen als "polnische Verluste" reklamiert. Dies ist ein deutliches Beispiel für die Arbeitswiese der polnischen Propaganda. Die historische Gerechtigkeit verlangt aber, daß Polen deutsche und jüdische Verluste nicht als "polnische Verluste" reklamieren sollte.

 

3. Die Vorkriegsbevölkerung Polens

Vorkriegspolen mit seinen 37,339 Millionen Einwohnern war ein Staat mit vielen nationalen Minderheiten. Darunter befanden sich 24,388 Millionen ethnisch-christliche, meist katholische Polen. Der Rest von 10,951 Millionen bestand aus nichtpolnischen Nationalitäten lediglich polnischer Staatsangehörigkeit. Diese Zahlen führt Edward J. Rozek in seinem Buch Allied Wartime Diplomacy - A Pattern of Poland an.[6] Zur Zeit der Veröffentlichung dieses Buches war Dr. Rozek Assistenzprofessor für Politologie an der Colorado-Universität in Boulder. Auf Seite 37 seine Buches schlüsselt er die Zusammensetzung der nichtpolnischen Bevölkerung für das Jahr 1939 auf, insbesondere im östlichen Teil Vorkriegspolens:

 

Ukrainer

4,529 Millionen

Weißrussen

1,123 Millionen

Polesier

0,822 Millionen

Russen

0,134 Millionen

Litauer

0,084 Millionen

Tschechen

0,035 Millionen

 

 

 

Hinzu kommen:

Juden

3,000 Millionen

Deutsche

1,041 Millionen

 

Die Zahl der 1939 in Polen lebenden Juden wurde dem Jewish Chronicle entnommen:[7]

»Einst drei Millionen stark, ist Polens jüdische Bevölkerung heute auf einen verschwindenden Rest von 20.000 geschrumpft.«

Die letzte Ziffer schließlich für die Deutschen im Vorkriegspolen wurden einer exzellenten Abhandlung zum gleichen Thema entnommen.[8] Die sich uns stellende Frage ist nun: Was passierte mit diesen Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg? Das Hauptaugenmerk dieser Untersuchung richtet sich dabei auf das Schicksal der 24,388 Millionen christlichen Polen.

Unbestreitbare historische Tatsache ist, daß die Ukrainer, Weißrussen, Polesier, Litauer und 30-40% von Polens Juden sowie einige Millionen Polen nach dem September/Oktober 1939 sowjetische Staatsbürger wurden. (Die Litauer wurden dies tatsächlich erst im Jahr 1940.) Seither haben diese Menschen niemals mehr unter polnischer Hoheit gelebt. Deren Kriegsverlust müssen tatsächlich jenen der Sowjetunion zugerechnet werden, und nicht der Polens, was auch immer diesen Menschen während des Krieges passiert ist. Ansonsten würden diese Verluste in Verluststatistiken des Weltkrieges doppelt auftauchen. Freilich würde man die etwa 4,3 Millionen östlich der Curzon-Linie lebenden ethnischen Polen davon ausnehmen.[6]

Die etwa eine Million Deutschen (Volksdeutsche) wurden nach dem September 1939 deutsche Staatsangehörige.

 

4. Die Nachkriegsbevölkerung Polens

Was geschah nach dem Krieg? Die Sowjetunion behielt die Territorien, die sie 1939 erobert hatte. Der neu erschaffene polnische Staat befindet sich zu einem Drittel auf deutschem Boden. Die deutsche Bevölkerung dieser östlichen Provinzen Deutschlands wurde aus ihrer Heimat vertrieben, in der ihre Vorfahren schon lange Zeit vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus lebten.

Am 14. Februar 1946 und am 3. Dezember 1950 wurden in Polen Volkszählungen durchgeführt. Die Ergebnisse der ersten Volkszählungen sind allerdings ziemlich wertlos für die Zwecke dieser Untersuchung, da damals die Vertreibung der Deutschen noch in vollem Gange war. Zudem war auch die Zuwanderung der Polen aus den von der Sowjetunion zurückeroberten Gebieten noch nicht abgeschlossen.

Im Dezember 1950, nachdem die bisher beispiellosen Bevölkerungsverschiebungen annähernd abgeschlossen waren, lebten laut der damaligen Volkszählung im in Yalta geschaffenen Nachkriegspolen etwa

24,6137 Millionen bzw.

24,533 Millionen Polen

Die erste Zahl wird von Reichling angegeben,[9] die zweite von Barnett.[10] Diese Zahlen sind geringfügig kleiner als jene, die der Information Please Almanach im Jahr 1949 (S. 550) für das Jahr 1947 angab: 24,775 Millionen. Die Differenz mag damit erklärt werden, daß in den Jahren 1948-1950 noch etwa eine viertel Million Deutsche vertrieben worden sind.[11] Die ethnische Zusammensetzung dieser Bevölkerung wird in Colliers Enzyclopedia wie folgt beschrieben:[12]

»Obwohl im Vorkriegspolen einen große Anzahl von Minderheiten lebte, die zusammen annähernd ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachten, wurde das Nachkriegspolen ein homogenes Land: 98% der Bevölkerung sind ethnische Polen.«

Laut Reichling lebten am 3. Dezember 1950 allerdings immer noch etwa 1,7 Millionen Deutsche in Polen, also Personen, die bis 1945 die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hatten. Diese Zahl muß freilich von der Gesamtzahl abgezogen werden, wenn man feststellen will, wie viele christliche Polen den Zweiten Weltkrieg überlebten.

Was geschah aber mit den ethnischen Polen, die laut Rozek[6] 1939 östlich der Curzon-Linie lebten, d.h. östlich der Nachkriegsgrenze zwischen Polen und der Sowjetunion, also in den von Stalin annektierten Gebieten? Bis Juni 1948 erlaubten die Sowjets nur etwa 1,5038 Millionen Personen polnischer Abstammung die Auswanderung nach Polen. Demnach sollten sich selbst nach Kriegsende noch etwa 2,8 Millionen Polen weiterhin in jenen Gebieten Vorkriegspolens aufhalten, die seither zur Sowjetunion gehören.[12]

Während des Krieges flohen viele Polen in den Westen, also nach Frankreich, England und in die USA. Mindestens eine halbe Million Polen, zumeist Angehörige der Armee der polnischen Exilregierung, die an der Seite der Westalliierten kämpfte, weigerte sich nach Kriegsende, in ihr kommunistisch beherrschtes Vaterland zurückzukehren.[12]

Diesen Abschnitt zusammenfassend erhält man folgende Tabelle:

 

Bevölkerung Polens im Dezember 1950

24,6137 Mio.

minus verbliebene Deutsche

- 1,7 Mio.

plus ethnische Polen in der Sowjetunion

+ 2,8 Mio.

plus dauerhaft emigrierte ethnische Polen

+ 0,5 Mio.

Ethnische Polen, die den Zweiten Weltkrieg
überlebten, einschließlich natürliches
Bevölkerungswachstum 1939-1950:

26,2137 Mio.

 

Diese Nachkriegsbevölkerungszahl von 26,2 Millionen ethnisch-christlichen Polen muß mit der korrespondieren Zahl aus dem Jahre 1939 verglichen werden, also 24,388 Millionen.[6] Die Schlußfolgerung sollte klar sein: Im Jahr 1950 war die Zahl der ethnischen Polen um 1,826 Millionen höher als vor dem Krieg. Einfach zugängliche und verifizierbare Bevölkerungsstatistiken der Vor- wie Nachkriegszeit beweisen eindeutig, daß es keinen Beweis dafür gibt, daß »sechs Millionen Polen« oder »drei Millionen christliche Polen« während des Krieges getötet wurden. Ihre wirklichen Verlustziffern belaufen sich wohl in der Größenordnung einiger Hunderttausend.

Das Ergebnis dieser statistischen Untersuchung bestätigt voll die von Barett in seinem Buch Polen gemachte allgemeinere Feststellung auf Seite 43:

»Trotz der ungeheuren Auswirkung des Zweiten Weltkrieges ist die Alters- und Geschlechtsstruktur der Bevölkerung ziemlich die gleiche geblieben wie sie 1939 war.«

Der in der Einführung erwähnte Artikel der New York Times von J. Reston schließt mit folgender Feststellung:

»Trotz all der Leiden und des Todes sind sie [die Polen] jetzt eine Million mehr als vor dem Blutbad des letzten Krieges. Ihre schönen Kinder können hier in den Straßen gesehen werden, und sie waren deutlich die Adressaten der Botschaft des Papstes.«

Tatsächlich wuchs die Zahl der christlichen Polen nicht um eine Million, sondern sprang von 24,388 Million im Jahr 1939 auf 36,3 Millionen im Jahr 1982![13] Und dieses Wachstum von 12 Millionen schließt noch nicht einmal jene Polen ein, die in der Sowjetunion leben bzw. in den Westen emigriert sind. Darin liegt ein weiterer Beweis für die Tatsache, daß die biologische Substanz des polnisches Volkes den Zweiten Weltkrieg sogar sehr gut überlebte - weit besser als das deutsche. Solch ein zumindest für europäische Verhältnisse phänomenales Bevölkerungswachstum wäre unmöglich gewesen, wenn »sechs Millionen Polen« oder auch nur drei Millionen »Opfer des Naziterrors« gewesen wären.

Wenn man nun wagt zu bezweifeln, daß "sechs Millionen Polen starben", so wird man beispielsweise vom Polish American Congress Inc. darauf hingewiesen, man habe mißverstanden, was der Papst gesagt habe, und daß »3 Millionen christliche Polen sowie 3 Millionen Juden, die alle Staatsangehörige Polens waren, Opfer des Naziterrors geworden seien.«[14] Die Tatsache, daß heute viele aus Polen stammende Juden in Israel, Amerika und Westeuropa leben, beweist, daß auch die zweite Ziffer übertrieben ist. Es ist zudem interessant, daß polnische Verluste aufgrund von Maßnahmen der Sowjetunion so gut wie nie erwähnt werden.

Bis zum Jahr 1998 ist die polnische Bevölkerung übrigens auf 38,7 Millionen angestiegen, ohne Einwanderung von Millionen von "Asylanten", "Gastarbeitern", "Flüchtlingen" usw.[15]

 

5. Natürliches Bevölkerungswachstum: Ein weiteres Argument

Nach Barnett[16] lag die natürliche Wachstumsrate der polnischen Bevölkerung im letzten Friedensjahr geringfügig über einem Prozent. Im Jahr 1983 lag die Wachstumsrate der polnischen Bevölkerung bei etwa 0,9%.[13]

Es ist offensichtlich, daß diese Wachstumsrate während des Krieges kleiner war, danach jedoch wieder anstieg, zumal etwa 694.000 polnische Soldaten zumindest anfänglich von den Deutschen und 217.000 von dem Sowjets gefangen gehalten wurden.

Nach Kriegsende kam es in Polen zu einem Babyboom. Ich denke daher, daß es angebracht ist, eine durchschnittliche Wachstumsrate von einem Prozent anzunehmen. Nun betrachten wir die Zeitspanne zwischen 1939/40 und 1955, also 15 Jahre. Zwei Fälle werden nachfolgend durchgerechnet:

Fall A: Relativ kleine Verluste

Fall B: Ein angenommener Kriegsverlust von 3,0 Millionen. Im Jahr 1955 betrug die Bevölkerung Polens 27,533 Millionen.[10]

 

Bevölkerung Polens 1955

27,554 Mio.

minus verbliebene Deutsche

- 1,6 Mio.

plus ethnische Polen in der Sowjetunion

+ 2,0 Mio.

plus dauerhaft emigrierte ethnische Polen

+ 0,5 Mio.

Summe:

28,444 Mio.

 

FALL A:

Ethnische Polen 1939:[6]

N =

24,388 Mio.

1 % Wachstum/Jahr von 1940-1955 (15 Jahre), Faktor

M = (1,01)15 =

1,1610

Polen 1955

M × N =

28,314 Mio.

 

SCHLUSSFOLGERUNG: Die Verluste der Polen im Zweiten Weltkrieg warne relativ klein. Ihre Zahl wäre selbst dann ungefähr gleich, wenn es keinen Krieg gegeben hätte.

FALL B: Annahme von einem Kriegsverlust von 3 Millionen

 

Ethnische Polen 1939:[6]

 

24,388 Mio.

Angebliche Ausrottung christlicher, ethnischer Polen im Zeitraum 1939-1945

 

-3,000 Mio.

Polen 1945:

P =

21,388 Mio.

1 % Wachstum/Jahr von 1945-1955 (10 Jahre), Faktor

M = (1,01)10 =

1,1046

Polen 1955

M × P =

23,626 Mio.

 

SCHLUSSFOLGERUNG: Wenn die Behauptungen der polnischen Propaganda richtig wären, daß 3 Millionen christliche Polen während des Zweiten Weltkrieges getötet wurden, sollte die Zahl der Polen im Jahr 1955, berechnet aufgrund der Daten aus der Vorkriegszeit, bei etwa 23,626 Millionen liegen. Tatsächlich gab es 1955 aber 28,444 Millionen Polen, was dem FALL A entspricht. Daraus ergibt sich die folgende gute Nachricht: Während des Zweiten Weltkrieges wurden keine drei Millionen Polen von den "Nazis" oder von wem auch immer ermordet.

Im Fall A wurde die Anzahl der in der Sowjetunion zurückgebliebenen Polen mit lediglich 2 Millionen angenommen, um dem Vorwurf zu entgehen, Ich würde die Ausgangsziffern "übertreiben". Als Bezug für diese Zahl führe ich die Encyclopedia Americana an, die ausführt:[17]

»Einer großen Anzahl von Polen - wahrscheinlich über 2,000 Millionen - gelang es nicht, die Grenze zum Nachkriegspolen zu überschreiten und verlieben auf der östlichen Seite der neuen polnisch-sowjetischen Grenze.«

Für diese Zahl könnte man auch noch andere Quellen angeben.

Eine Frage ist nun noch offen und harrt einer Beantwortung: Warum sollten das kommunistische und das katholische Polen seine Verluste dermaßen übertreiben? Die Antwort darauf ist einfach: Die Polen wollen ihren nach 1945 am deutschen Volk begangenen Völkermord in den Ostprovinzen Deutschlands "rechtfertigen". Sie versuchen zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist. In dieser traurigen Angelegenheit sind polnischen Kommunisten und Katholiken, Atheisten und Christen ein Herz und eine Seele.

Die von der Polish-American Review aufgestellte Behauptung, daß »Polen die größten Verluste an Menschenleben von allen Ländern des Zweiten Weltkrieges erlitt«,[18] ist einfach nicht wahr.

 

6. Eine interessante Tabelle

Barnett hat in seinem Buch eine sehr interessante Tabelle veröffentlicht, die bereits mehrfach zitiert »Tabelle 1« mit dem Titel »Bevölkerung Polens«. Darin ist die Anzahl der jeweiligen Bevölkerung der einzelnen Wojwodschaften Nachkriegspolens aufgeführt. Das heißt, daß die Gebiete, die zwischen den Weltkriegen zu Polen gehörten, 1945 aber von der Sowjetunion zurückerobert wurden, nicht aufgeführt sind, hingegen aber die von Polen annektierten östlichen Provinzen Deutschlands. Diese Tabelle vergleicht nun die Bevölkerung dieses Gebietes im Jahre 1931[19] mit der in den Jahren 1946, 1950 und 1955. Die Gesamtbevölkerung wird wie folgt angegeben:

 

1931

1946

Differenz

29,892 Mio.

23,625 Mio.

6,267 Mio.

 

Dies entspricht einer prozentualen Änderung von -21%, einem »Fünftel der ganzen Bevölkerung« (?), oder einem Verlust von 6,267 Millionen Menschen. Aber die Zahl von 1931 beinhaltet die Bezirke von Allenstein (Olsztyn, Ostpreußen), Danzig (Gdansk, Westpreußen), Köslin (Koszalin, Pommern), Stettin (Szczecin, Pommern), Grünberg (Zielona Gora, Schlesien), Breslau (Wroclaw, Schlesien) und Oppeln (Opole, Schlesien), die alle 1931 Teil des Deutschen Reiches waren mit einer erdrückend großen deutschen Bevölkerungsmehrheit (95-100%).

Nach Reichling lebten auf dem Gebiet des späteren Nachkriegspolens im Jahr 1944 11 Millionen Deutsche.[20] Nachdem der überwiegende Teil dieser einheimischen Bevölkerung von den Siegern des Zweiten Weltkrieges bzw. mit ihrer Zustimmung unter Anwendung brutalster Gewalt mit entsetzlich vielen Opfern vertrieben worden war, ein Vorgang, der 1946 keinesfalls abgeschlossen war, hatten diese Gebiete natürlich einen ungeheuerlichen Bevölkerungs-"Verlust" zu verzeichnen.[21] Diese Tatsachen werden in dieser Tabelle allerdings nirgends wiedergegeben.

Es entsteht daher folgender Verdacht: Ist es vielleicht möglich, daß die Polen jene Deutsche, die sie im Zuge ihres Völkermordes in Ostdeutschland umbrachten oder aus ihrer Heimat jagten, als "von den Nazis ausgerottete Polen" zählen? Dies ist nur ein Verdacht. Immerhin ist bisher nicht bekannt geworden, wie die Polen auf ihre 6- oder auch 3-Millionen-Ziffern gekommen sind. Aber wo auch immer die Wahrheit liegen mag: die auffällige Übereinstimmung der "Verluste" in dieser weithin benutzten und bekannten Tabelle einerseits und den offiziell behaupteten Verlusten andererseits ist zumindest überraschend und verblüffend.

 

C. R. Barnett: Tabelle 1. Bevölkerung Polens

 

In Tausend

In Prozent

 

Wojwodschaft(a)

1931

1946

1950

1955

1931
bis
1946

1946
bis
1950

1950
bis
1955

 

Warschau
(einschl. Stadt)

Bydgoszcz

Poznan

Lodz
(einschl. Stadt)

Kielce

Lublin

Bialystok

Olsztyn

Gdansk

Koszalin

Szczecin

Zielona Gora

Wroclaw

Opole

Katowice

Cracow

Rzeszow

3.552

1.566

2.311

2.385

1.858

2.069

1.194

1.030

1.065

789

941

884

2.604

1.040

2.608

2.195

1.801

2.662

1.457

2.086

2.015

1.702

1.753

944

442

732

585

308

347

1.769

792

2.363

2.133

1.535

2.809

1.470

2.109

2.047

1.659

1.640

952

675

891

514

508

560

1.735

811

2.635

2.147

1.371

3.245

1.597

2.304

2.210

1.763

1.719

1.040

811

1.082

632

661

678

1.986

887

3.040

2.359

1.530

-25,1

- 7,0

- 9,7

-15,5

8,4

-15,3

-20,9

-57,1

-31,3

-25,8

-67,3

-60,7

-32,1

-23,8

- 9,4

- 2,8

-14,7

5,5

0,9

1,1

1,6

- 2,6

- 6,5

0,8

52,8

21,6

-12,1

65,1

61,4

- 1,9

2,3

11,5

0,7

-10,7

15,5

8,6

9,2

8,0

6,3

4,8

9,2

20,1

21,4

23,0

30,1

21,1

14,5

9,4

15,4

9,9

11,6

 

Gesamtbevölkerung

29.892

23.625

24.533

27.544

-21,0

3,8

12,3

 

(a) Vorkriegsgrenzen auf 1950 angepaßt; Vorkriegsgrenzen der Provinzen wie im angegebenen Jahr.

Quellen:              Erstellt nach: Mauldin, W. Parker und Akers, Donald S., The Population of Poland, S. 122, und von Polska Rzeczypoupolita Ludowa Glówny Urzad Statystyczny, Rocznik Statystyczny 1956 (Polnische Volksrepublik: Statistisches Hauptamt, Statistisches Jahrbuch 1956). S. 44.

 

7. "Polnische" Ukrainer

Die Bevölkerung Vorkriegspolens umfaßte viele Millionen Ukrainer, Weißrussen, Litauer, Russen und andere Nationalitäten. Die berechtigte Frage ist daher, wie diese Menschen "Polen" geworden sind. Die Antwort darauf ist sehr interessant, aber leider wenig bekannt. Nach 150 Jahren der staatlichen Nichtexistenz wurde der unabhängige Staat Polen im Jahr 1916 als Königreich von Deutschland und Polen erneut gegründet. Nach der Niederlage Deutschlands jedoch stürzte die Monarchie und wurde durch eine Militärdiktatur ersetzt, die sich sofort äußerst aggressiv gegen ihre Nachbarn wandte. Entgegen den Waffenstillstandsbedingungen vom November 1918, aber mit Unterstützung der westlichen Siegermächte und des Völkerbundes, entriß Polen dem Deutschen Reich unter Bruch des soeben kodifizierten und anerkannten Selbstbestimmungsrechtes viele mehrheitlich von Deutschen besiedelten Gebiete in Oberschlesien, West- und Ostpreußen. In seiner Gier nach Land nicht gesättigt wandte sich Polen anschließend gegen die in Bürgerkriegswirren versinkende Sowjetunion. Am 28. April 1920 fiel die junge polnische Armee unter Führung des polnischen Diktators Pilsudski in der Ukraine ein. Am 6. Mai 1920 erreichte die polnische Armee Kiew. Dieser erste Aggressionskrieg nach Ende des Ersten Weltkrieges endete schließlich am 18. März 1921 mit dem von Polen und der Sowjetunion unterzeichneten Friedensvertrag von Riga. Dieser bestimmte, daß die Sowjetunion große Gebietsteile Litauens, Weißrußlands und der Ukraine an Polen abzutreten habe. Millionen Ukrainer, Weißrussen, Litauer und Russen wurden so zu "Polen". Es war selbstverständlich, daß Moskau diese ihm von den Polen zugefügte Niederlage nicht lange hinnehmen würde. Die Polen haben damals die Grundlage für den späteren Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 gelegt.

 

8. Zusammenfassung und Schlußfolgerung

Polnische Behauptungen, daß »Sechs Millionen Polen [...] ein Fünftel der ganzen Bevölkerung« während des Zweiten Weltkrieges getötet oder »Opfer des Naziterror« wurden, sind nie von einer polnischen Regierung mit Fakten untermauert worden. Das gleiche gilt für die Behauptung, daß »3 Millionen christliche Polen« umkamen.

Der in dieser Studie durchgeführte Vergleich zwischen den Statistiken der Vor- und Nachkriegsbevölkerung zeigt im Gegenteil, daß die Verluste der ethnischen, christlichen Polen relativ klein sind. Die 6- oder 3-Millionen-Verlustziffern sind Propagandaübertreibungen, die weltweit verbreitet wurden, um Polens Nachkriegspolitik des Völkermordes am deutschen Volk zu "rechtfertigen", d.h. der Vertreibung der Ostdeutschen mit einhergehendem Massenmord und der Annexion Ostdeutschlands.

Die tatsächlichen Verluste könnten sich in der Größenordnung von einem Zehntel des behaupteten Ziffern bewegen.

Die in dieser Untersuchung verwendeten Bevölkerungszahlen können durch jede interessierte Person in gut ausgestatteten Universitätsbüchereien überprüft werden.

Natürlich hat die polnische Regierung und haben die polnischen Interessensvertreter das Recht, sich für polnische Belange einzusetzen. Aber sie sollten dabei nicht jüdische, deutsche, ukrainische und weißrussische Verluste als "polnische Verluste" ausgeben.

Angesichts dieses Ergebnisses schlage ich als Schlußfolgerung vor, das alle Verlustziffern des Zweiten Weltkrieges überprüft und von einer internationalen Expertenkommissionen aus neutralen Historikern und Bevölkerungswissenschaftlern wissenschaftlich untersucht werden.

 

Weiterführende Literatur

Neben den in den Anmerkungen aufgeführten Werken empfehle ich als weiterführende Literatur:

Albin Eissner, »Personelle Kriegsverluste des polnischen Volkes«, Außenpolitik, 14(1) (1963), S. 44-52

Stanislaus Sopicki, »Mehr Genauigkeit in den Zahlen!«, in: Wiadomosci, Bd. XXV, Nr. 1247, 22.2.1970; dt.: Institut für Osteuropakunde, Universität Mainz, 27.11.1970


Anmerkungen

Die englische Fassung dieses Beitrages erschien unter dem Titel »Polish population losses during World War II« im Band 8 der Ingolstädter Vorträge als Veröffentlichung der Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt, 1984 (ohne Tabellen und Karte).

 

[1]

Sunday Times Union, Albany, N.Y., Combined Wire Service, 19.6.1983, S. A12.

[2]

New York Times, 19.6.1983, S. E19.

[3]

Premier Books, 1965, S. 292.

[4]

The German Tribune, 16.9.1969, Nr. 388, S. 4; rückübersetzt aus dem Englischen.

[5]

E. Dybicz, »Crosses at Auschwitz Appropriate«, St. Anthony Messenger (Auflage: 315.000), Dezember 1998, S. 3-4: »In sechs Jahren Krieg verlor Polen über sechs Millionen seiner Bürger, 22 Prozent seiner ganzen Bevölkerung«

[6]

John Wiley & Sons, New York 1958, S. 348.

[7]

London, Ausgabe vom 22.3.1968, S. 7. Über die Problematik dieser wahrscheinlich um einige hunderttausend Juden überhöhte Zahl bin ich mir bewußt, verzichte jedoch hier auf eine evtl. notwendige Korrektur, da dies das Ergebnis meiner Studie nicht wesentlich beeinflussen würde; vgl. W.N. Sanning, Die Auflösung des osteuropäischen Judentums, Grabert, Tübingen 1983, S. 16-22.

[8]

»Die polnischen Kriegsverluste 1939-1945«, Zeitschrift für Politik (Köln), 25(3) (1978), S. 279-296.

[9]

Gerhard Reichling, Deutsche und Polen - 1945 bis 1970 im Spiegel der polnischen amtlichen Statistik, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Heft 1, Verlag Osmipress, Bonn 1979, S. 21.

[10]

Clifford R. Barnett, Poland: Its Society, Its Culture, Its People, Hraf Press, New Haven, Conn., 1958, Tabelle 1.

[11]

G. Reichling, aaO. (Anm. 9), S. 23.

[12]

Vol. 19, 1979, S. 181.

[13]

Information Please Almanach, 1983, S. 246.

[14]

Time Union, 17.7.1983.

[15]

The World Almanach, 1998, S. 810.

[16]

C.R. Barnett, aaO. (Anm. 10), S. 42.

[17]

13. Auflage, 1968, S. 287.

[18]

Ausgabe March/April/May 1983.

[19]

Im Jahr 1931 fand die letzte offizielle Volkszählung in Polen statt.

[20]

G. Reichling, aaO. (Anm. 9), S. 43.

[21]

Vgl. Alfred de Zayas, The German Expellees: Victims in War and Peace, St. Martin's Press, New York 1993; dt. vgl. ders. Anmerkungen zur Vertreibung, Kohlhammer, Stuttgart 1986.


Quelle: Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung 3(2) (1999), S. 159-164.